Der kleine Waschbär drehte sich um und schaute, wie der Grenzübergang langsam in der Ferne verschwand, bis der Bus um die Ecke abgebogen war.
„Die menschliche Geschichte ist schon eine verrückte Sache. Aber eins sage ich dir, Freya, Mauern sind schrecklich. Jede Mauer ist der Anfang von einem Käfig. Man denkt, man könnte damit einige Probleme lösen, aber die richtigen Schwierigkeiten, die fangen erst damit an. Weißt du, bei uns in Alberta, das ist meine Heimatprovinz in Kanada, da gab es eine tolle Wiese nicht weit von dem Wald, wo ich mit meiner Familie lebte…“, seine Augen bekamen einen ganz besonderen warmen Glanz, man sah, wie die Erinnerungen in ihm aufkamen.
Kanada
„Und durch diese Wiese verlief ein kleines Flüsschen, na ja, eher ein Bach. An einer Stelle zwischen zwei Felsen gab es besonders viele Flusskrebse. Wir Waschbären, können super fischen, alles, was uns in die Pfoten kommt – Frösche, kleine Fische oder eben Flusskrebse. Und das tun wir wirklich gern. Aber eines Tages kam ein Bauer und baute auf der Wiese sein Haus. Ich nahm es ganz gelassen, es störte mich nicht, die Wiese war groß genug für uns alle. Aber der Bauer, der war offensichtlich einer anderen Meinung, denn kaum hatten wir uns an sein Haus gewöhnt, hatte er mir nichts, dir nichts die ganze Wiese mit einem Zaun umzäunt! Ab da war ich natürlich gezwungen, über diesen blöden Zaun zu klettern, jedes Mal, wenn ich am Bach fischen wollte. Aber das hatte dem Bauern wieder nicht gefallen. Er spitze die Zaunpfähle oben so scharf an, dass ich mich beim Rüberklettern blutig kratzte. Also, hatte ich ein Loch unter dem Zaun gegraben und gelangte auf diese Weise zum Bach. Aber auch das gefiel dem Bauern nicht, er schüttete meine Löcher regelmäßig zu, mehr noch – er füllte sie mit Glassplittern und scharfen Scherben auf, so dass ich mir beim Graben die Pfoten zerschnitt.“
„Ab da wurde es ernst. Richtig ernst. Langsam kochte in mir Wut auf. Von der einen Seite war es mir bewusst, dass ich mich da mit dem gefährlichsten Raubtier der Welt anlege – mit einem Menschen! Mannomann, dabei mag ich Flusskrebse nicht einmal! Ich bin eher ein Süßschnabel, aber verdammt noch einmal! An diesem Bach hatten mein Vater, mein Opa, mein Uropa gefischt und kein Zaun der Welt wird mich daran hindern können, das auch zu tun, verstehst du? Es ging doch schon längst nicht mehr um die Flusskrebse, es ging um Prinzipien! Dieser dämliche Bauer hatte die Situation gewaltig unterschätzt. Genau hier trat die Weisheit Nummer was weiß ich in Kraft: „Leg dich nie mit einem Waschbären an! Also nahm ich mir das Haupttor vor. Der Riegel war echt ein Witz, zumindest für diese zwei Prachtpfoten!“
Er hielt Freya seine kleinen schwarzen Pfötchen wie zur Begutachtung hin und sie nickte bestätigend. „Der Bauer wurde rasend vor Wut, als er das mit dem Tor gecheckt hatte. Er befestigte sogar noch ein zusätzliches Schloss, aber ich sage dir – wer so geschickte Hände wie ich hat, braucht keinen Schlüssel, um überall reinzukommen. Irgendwann wurde es dem Bauern klar und er hielt jede Nacht höchstpersönlich die Wache vor dem Tor. Aber nicht allein, nein, er hatte zwei üble Hunde dabei und seine Schrotflinte. Eines Nachts hatte er mich fast erwischt. Die Ladung ging knapp an meinem Kopf vorbei und versengte mir das Fell – hier und hier“.
Freya schlug entsetzt die Hände vor den Mund und sah sich die Stellen an, die Björn ihr zeigte. „Der Bauer wollte sich vor mir schützen, dabei hatte ich ihn erst gar nicht bedroht. Er hatte sich selber hinter seinem Zaun eingesperrt, dabei hatte er mich ausgegrenzt und mir ein Stück meiner Freiheit genommen – ein schönes sonniges Stück Wiese mit einem Bach und Flusskrebsen drin. Er dachte, er kann mich mit seinem blöden Zaun umerziehen, mich zwingen, aufzugeben, schön brav in meinem Wald zu bleiben. Er dachte, er kann mich an die Leine legen, so wie er das mit seinen dämlichen Kötern gemacht hatte. Aber nicht mit mir!“
aber nicht mit mir
Björns Augen glänzten. Er presste seine rechte Faust auf die weiße flauschige Brust. „Niemand legt einen freien Waschbären an die Leine! Niemand! Schon bald musste auch der Bauer das lernen. Ich blieb bis zur Dämmerung in der Nähe seines Tores und als die Arbeiter von dem Feld mit dem Heuwagen kamen, kletterte ich hinten in den Wagen hinein und versteckte mich im Stroh. Auf diese Art und Weise wurde ich fürstlich in das verbotene Reich eingefahren. Was soll ich sagen? In dieser Nacht stand Rache auf meinem Speiseplan! Ich trank die Eier in dem Hühnerstall aus, ich brach in der Speisekammer ein und knabberte Schinken und Würste, Käse und Brot an, ich zerriss die Mehlsäcke und trank Sahne aus Krügen, ich öffnete sogar ein paar Fässer Bier, nicht dass es mir schmeckte, aber es schäumte so lustig auf dem Boden. Ich sage dir, ich hinterließ ein Bild der Verwüstung, als wäre dort eine Heuschreckenplage ausgebrochen.“
„Oh, nein…“, flüsterte Freya entsetzt. „Aber jetzt hast du ihn erst recht wütend gemacht. Dafür würde er dich töten!“
Björn lächelte beruhigend und fuhr mit der schwarzen Pfote durch das kurze Kopffell. „Immer mit der Ruhe, Kleines! Ich würde ja sonst kaum hier sitzen können, oder? Nein, der Bauer war doch schlauer, als ich es zuerst dachte. Denn bereits am nächsten Morgen hatte er…“
„Alle seine Freunde gerufen, um mit Gewehren und Jagdhunden den Wald abzusuchen?“, beendete Freya finster den Satz.
„Nein“, Björn schüttelte lächelnd den Kopf. „Er hatte…“
„Den Wald angezündet, um dich auszuräuchern?“ Wieder ein Kopfschütteln.
„Überall Giftköder und Fallen gestellt?“
„Nein, nein, nein. Nichts dergleichen!“, Björn hielt eine kurze spannende Pause, schaute ihr direkt in die Augen und sagte: „Er hatte das Tor offen gelassen.“
„Wie bitte?!“ Freya saß mit offenem Mund da und starrte Björn verständnislos an.
So einfach
„So einfach. Seit dem Tag ließ er das Tor offen. Ich meine nicht sperrangeloffen, aber nur so angelehnt. Und ich ging jeden Tag vorbei und schaute, ob das Tor immer noch unverschlossen war. Aber es blieb dabei. Und ich setzte nie mehr meine Pfote auf diese Wiese und fischte auch nie mehr dort, aber letztendlich ging es mir nicht um die Krebse, mir ging es darum, dass ich es jeder Zeit machen könnte, wenn ich es wollte.“
„Wow“, hauchte Freya zutiefst beeindruckt. „Das nenne ich eine Geschichte…“
„Jawohl“, nickte Björn ernsthaft. „Du fragst dich sicher, warum ich sie dir erzählt habe? Denkst du, die Menschen waren damals mit dieser Mauer einverstanden? Die quer durch das ganze Land verlief? Oh, nein! Es wurden unterirdische Tunnel gegraben, um unter der Mauer durchzukommen, es wurden Heißluftballons und Segelgleiter gebaut, um drüber zu fliegen, es wurden Flöße, Schlauchboote und Luftmatratzen eingesetzt, um drüber zu schwimmen! Auch hier direkt am CheckPoint Charlie hatte man versucht mit einem LKW die Absperrungen zu durchbrechen, mit Erfolg, wohl bemerkt. In einem sind wir uns alle ähnlich – wir lassen uns nicht gern einsperren. Und du, Freya, musst dir eins merken – lass dir nie deine Freiheit nehmen! Das ist das Kostbarste, was man haben kann. Erlaube es niemandem, vor dir neue Mauern zu errichten, weder räumlich, noch hier“, er klopfte mit der kleinen Tatze auf sein eckiges Köpfchen.
Deshalb wunderte ich mich eines Tages, wieso ich Wasser im Ohr hatte, schlecht hörte und es auch nach Tagen nicht rauskam. Das war Anfang März 2018.
Erst mal zum HNO-Arzt. Dort angekommen bekam ich meinen ersten Anranzer von der Schwester, wieso ich nicht vorher angerufen hätte, während sie belehrend auf ein Schild auf dem Anmeldetresen zeigt. Tut mir echt leid, aber ich war seit Jahrzehnten bei keinem HNO-Arzt und bei diesem noch nie vorher gewesen. Wie sollte ich also wissen, dass man als Akut-Patient vorher anrufen soll?
Nach dem wir das geklärt hatten, durfte ich ausnahmsweise bleiben und mich im Wartesaal zu den anderen Opfern gesellen.
Nach nur zwei Stunden durfte ich zum Arzt rein. Ich sagte: „Ich habe Wasser im Ohr, es kommt aber nicht raus.“ Er schaute in mein Ohr und meinte: „Geht auch nicht, da ist das Trommelfell dazwischen. Dann nehmen Sie mal eine Woche ein schleimlösendes Mittel und es wird dann sicher ablaufen. Auf Wiedersehen.“ Etwas ratlos, wie es einfach so ablaufen soll, wenn es bisher nicht abgelaufen war, unternahm ich den Selbstversuch mit dem schleimlösenden Mittel Sinupret.
Es wurde nicht besser und so war ich eine Woche später wieder da, natürlich vorher angerufen, bin ja lernfähig. „Hm, ist nicht abgelaufen, dann stechen wir mal ein Loch ins Trommelfell!“
Da der Druck im Mittelohr inzwischen zugenommen hatte und die Gefahr bestand das mein Trommelfell rausgesprengt werden könnte, erschien mir das als eine sinnvolle Maßnahme.
Das Loch zu stechen war keine große Sache und es begann, vor allem in der Nacht, Flüssigkeit abzulaufen. Dem Fleck nach auf meinem Kissen zu beurteilen, hatte der Arzt anscheinend zu tief gestochen und ich hatte Angst, dass mein gesamtes Gehirn auslaufen könnte. Was zum Glück nicht passierte, es hörte auf zu laufen und die Schmerzen nahmen zu.
Also wieder zum HNO-Arzt. Inzwischen kannte man mich dort und ich war nach einer halben Stunde warten wieder bei meinem Arzt. „So, jetzt haben wir eine prächtige Mittelohrentzündung!“, freute er sich und verschrieb mir ein paar entzündungshemmende Mittel und Ohrtropfen.
Nach weiteren 14 Tagen und keine Linderung war ich wieder da. „Die Flüssigkeit muss ablaufen können.“ „Ach was?“ „Ich schneide jetzt ein kleines Loch in Ihr Trommelfell und sie bekommen ein Titan-Röhrchen eingesetzt, damit sich das Loch nicht wieder schließen kann.“
Großartige Sache, warum erst jetzt, wollte ich noch fragen, aber bei so einer komplizierten Operation sollte man nicht stören. Ich hatte da schon viel gelesen, was einem so alles dabei passieren kann, wie z. B. eine vergessene OP-Schere im Gehörgang.
Und es lief wieder! Vorerst, aber die Schmerzen wurden nicht besser. Nach weiteren 10 Tagen hielt ich es nicht mehr aus. Zum Glück war in der Praxisgemeinschaft diesmal ein anderer Arzt da.
„Jetzt hat sich auch noch Ihr Trommelfell entzündet.“ lautete die Diagnose. Da kann man nicht meckern, wenn schon entzündet, dann richtig. Jetzt war ich endlich reif für Antibiotika!
Mit Hilfe der Antibiotika, den Ohrtropfen und dem Titan-Röhrchen im Trommelfell ging es mir nach einer weiteren Woche wirklich besser.
Nachdem sich die Flüssigkeit aus dem Mittelohr verflüchtigt hatte, zog ich nun über das Röhrchen im Ohr Nebenluft. Das war zwar unangenehm, dafür aber praktisch. Falls ich mal von einem Agenten entführt werden sollte und er mich mit der Gesicht-in- das- Klowasser- tauchen-Methode foltern will, kann ich beruhigt mit dem Ohr weiteratmen.
Beim Niesen oder tief ausatmen pfiff die Nebenluft mit einem Trompetenton aus dem Ohr. Man könnte sicher mit etwas Übung auch ein Trompeten-Solo-Konzert geben.
Das Titan-Röhrchen beeinträchtigte auch die Schwingungsfähigkeit des Trommelfells, was zu interessanten Gesprächen führte. Mal ein Beispiel aus der Praxis:
Moin Ingo, wie geht es Deinem kranken Ohr?
Wie bitte?
Ah, hat sich schon erledigt.
Venedig?
Nein, ist schon gut!
Wer ist Knut?
Was macht Dein Oooohhhrrr? (lauter)
Ich bin nicht im Chor!
Es ging eben nichts über eine gepflegte Konversation.
Der HNO-Arzt meines Vertrauens machte mir Mut: „Lassen Sie mal der Natur etwas Zeit, das wird schon wieder, in ein oder zwei Jahren. Und wenn nicht, der Hörakustiker gegenüber freut sich auf ihren Besuch.“
Ob die beiden sich kennen?
Auf jeden Fall habe ich bei der Volkshochschule einen Kurs in der Gebärdensprache gebucht, man kann ja nie wissen.
Juni 2018
Teil 2
Einen Monat später hatte ich wieder das Gefühl von Wasser im Ohr. Es bewegte sich beim Umdrehen hin und her, sodass ich nun ständiges Meeresrauschen im Gehörorgan hatte. Ich liebe das Meer über alles, schließlich bin ich ein alter Seebär ohne Schiff, aber irgendwann nervte es doch und ich bin wieder zum …na … richtig, meinem Lieblings-HNO-Arzt.
Nach einer kurzen Wartezeit saß ich auf dem großartigen Stuhl, welcher sich wie ein Karussell drehen lässt. Hui, machte das Spaß! Der gute Mann unterbrach meine ausgelassene Freude und bemerkte trocken, dass sich das Röhrchen zu gesetzt und sich nun dahinter wieder Flüssigkeit gesammelt hatte. Ich war gespannt wie ein Flitzebogen, welche Therapie jetzt geplant war.
Es musste ein Röhrchen mit größerem Durchmesser eingesetzt werden. Ich sah meine Trompeten-Solo-Karriere in Gefahr. Aber es nützte nichts und so kam ich in den Genuss meiner allerersten Vollnarkose. Das war wirklich eine berauschende Erfahrung. Das alte, zu kleine Titan-Röhrchen wurde während einer hoch komplizierten und langwierigen Operation entfernt. Die honigartige zähe Flüssigkeit abgesaugt und ein neues Röhrchen mit Sage und Schreibe einer 0,5 mm durchmessenden Öffnung abermals eingepflanzt. Nachdem ich zusätzlich genügend eigene Erkenntnisse zum Thema Pflegenotstand in Krankenhäusern gesammelt hatte, durfte ich am Abend wieder nach Hause.
Die versprochene sofortige Verbesserung der Hörleistung blieb aus. Begründung vom Arzt: Durch die OP war das Trommelfell geschwollen, würde sich aber bald bessern. Da ich ein gutgläubiger Mann bin, wartete ich weitere zwei Wochen auf das Wunder. Es trat nicht ein, sondern ich bekam 14 Tage später starke Ohrenschmerzen. Das Trommelfell war wieder entzündet. Das kam mir bekannt vor, quasi Routine. Und eine weitere Antibiotika- Kur stresste meine Darmflora.
Bei der Gelegenheit fragte ich, wie und wann das neue schöne größere Röhrchen denn meinen geliebten Gehörgang verlassen werde? Die Antwort stimmte mich zuversichtlich: „Das dauert und fällt irgendwann von allein raus.“ Ich hoffte, das Röhrchen kennt die richtige Seite des Trommelfells, nicht das ich dann zum Meeresrauschen noch ein metallisches Klappern in meinen Kopf gesellte.
Dem Titan-Röhrchen gefiel es anscheinend in meinem Innenohr. Jedenfalls verhielt es sich ruhig, machte keinen Stress und blieb anscheinend da, wo es eingesetzt wurde. Meine Hörleistung war weiterhin gestört und ich hatte immer noch das Gefühl von Watte im Ohr.
Doch kurz vor Weihnachten bekam ich wieder starke Schmerzen. Ich hörte auf den Rat meiner Frau, meiner Freunde, der Hausgemeinschaft und den Arbeitskollegen und zog nun die Meinung eines zweiten Sachverständigen hinzu, wechselte also den HNO-Arzt. Die Praxis sah im Vergleich zur Ersten etwas altmodischer aus.
Der neue HNO-Arzt, dieses Mal ohne Doktortitel, schaute mir in das rechte Ohr. Er stellte fest, dass mein Paukenröhrchen anscheinend ein Wanderröhren war und sich auf den Weg gemacht hat, sich in den Gehörgang einzugraben. Ohne Betäubung und was noch schlimmer war, ohne Vorwarnung, packte er den Übeltäter und riss ihn mit Stumpf und Stiel raus. Jetzt lief wieder Flüssigkeit aus dem Ohr, nun war es Blut.
Ich bekam Cortison Tabletten und einen hübschen Verband. Auch wenn die Schmerzen nachließen, das Problem mit der Hörleistung und dem Gefühl von Flüssigkeit im Ohr blieb. Das sei reine Einbildung und ich sollte mich damit anfreunden, mir ein Hörgerät anpassen zu lassen. Ich blieb hartnäckig und erkämpfte mir zwei Monate später eine Cortison-Behandlung intravenös. Das Rauschen und Klopfen ließen nach der dritten Infusion nach. Dafür hatte ich nun ein leises Zischen und einen ständigen Ton, der mich sehr stark an das Piepen des Testbildes im Fernsehen erinnerte, als es nur zwei Programme gab. Ob das nun ein Fortschritt war? Inzwischen hatten wir Juni 2019.
Teil 3
Mein Vertrauensvorschuss war aufgebraucht. Der zweite HNO-Arzt konnte mir nicht helfen und verschrieb mir ein Hörgerät zur Probe, ich bräuchte auch keinen Pfennig dazu bezahlen. Mir reichte es! Ich zog innerlich eine Reißleine.
Auf Empfehlung wendete ich mich an eine Praxis außerhalb von Osnabrück. Die Gemeinschaftspraxis machte einen modernen und netten Eindruck. Ich wartete gerade mal eine halbe Stunde, ohne Voranmeldung.
Herr Doktor war mir gleich sympathisch. Er war der Erste, welcher nicht nur in mein Ohr schaute, sondern auch noch in die Nase! Siehe da: Polypen. Das erklärte zumindest die schlechte Belüftung und das ständige Gefühl von verschlossener Nase. Er war auch der Erste, welcher mich zu einer Computertomografie schickte. Er diagnostizierte ein Cholesteatom. Eine chronisch-eitrige Entzündung des Mittelohrs mit Knochendestruktion. Eine Operation sei unvermeidlich. Mit gemischten Gefühlen wartete ich nun auf das Gespräch im August mit dem Professor im Marienhospital.
Nach einer Stunde Wartezeit in der HNO-Klinik im Marienhospital wurde ich untersucht und mein Gehör getestet. Zwei Ärzte schauten mir nacheinander in die Lauscher und stellten fest, dass meine Hörleistung auf dem rechten Ohr eingeschränkt sei. Ach was? Nach einer weiteren halben Stunde allein im Behandlungsraum nahm sich der Professor zehn Minuten Zeit für mich. Zwischendurch war er acht davon zum Telefonieren vor der Tür, aber immerhin in den anderen 120 Sekunden war er sehr effektiv.
Fachmännisch schaute er mir, richtig, ins Ohr. Dann noch kurz auf die CD-Aufnahme meines Schädelinneren, um die Diagnose zu stellen. Es war kein Cholesteatom, nur eine chronische Entzündung des Innenohrs, weil die Belüftung nicht stimmte. Ich kannte das von der Arbeit, jede Stunde einmal, für drei bis fünf Minuten durchlüften. Doch wie sollte ich das in meinem Fall praktisch umsetzen? Das Mittelohr wird durch die Ohrtrompete, die auch Tuba auditiva oder Eustachische Röhre genannt wird, belüftet. Professor S. schlug also vor, die Eustachische Röhre mit einem Katheter zu erweitern und zeitgleich ein Paukenröhrchen in das Trommelfell zu setzten und so eine bessere Belüftung, quasi Durchzug, im Ohr zu erzeugen. Was sollte ich sonst machen? Es wäre auch nur ein kleiner, unkomplizierter Eingriff unter Vollnarkose mit einem Tag Aufenthalt im Krankenhaus.
Da ich im Oktober nichts weiter vorhatte und schon lange nicht mehr im Klinikum war, willigte ich auf einen weiteren Versuch ein. Hatte ich eine Wahl?
August 2019
Teil 4
Am Montag, den 14. Oktober war es dann so weit. Ich sollte pünktlich um 09:00 Uhr nüchtern auf der Station sein. Als ob ich morgens schon saufen würde? Bis 13:00 Uhr durfte ich dann warten, ohne einen Schluck Wasser oder etwas zu essen. Weitere zwei Stunden später wurde ich zur Operation geschoben. Die Narkoseärztin fragte mich freundlich, wie es mir geht. Bestens, ich war kurz vor dem Vertrocknen! Ich bekam eine Infusion, damit ich die Kraft hatte, allein auf den OP-Tisch zu klettern. Dort machte ich es mir, so gut es ging bequem, aufpassend, die vielen Schläuche und Kabel an mir nicht durcheinanderzubringen. Wer schon mal eine Narkose bekommen hat, kennt das, ich sollte bis drei zählen, kam dieses Mal sogar bis fünf! Alle waren begeistert, nur die Narkoseärztin nicht. Wieso eigentlich?
Ich kam wieder zu mir und hörte das erste Mal seit Jahren auf beiden Ohren gleich gut. Was für ein gutes Gefühl. Das hielt aber nicht lange, den nun schwoll alles wieder nach dem Eingriff an. Ist normal!
Ich hatte ein Dreibett-Zimmer. Irgendwie war ich noch müde und wollte einfach nur schlafen. Mitten in der Nacht gab es einen lauten Knall, etwas schweres Weiches fiel auf mich. Ich war hellwach. Mein Bettnachbar war im Dunkeln aufgestanden, hatte das Gleichgewicht verloren und war mit dem Nachtisch auf mein Bett geknallt. Mein Handy schwamm mit dem Buch zusammen eine Runde im Mineralwassersee unter der Koje. Sonst war nichts weiter passiert, aber durch den Schreck war ich hellwach. Ich habe den Rest der Nacht nicht mehr geschlafen, denn bei jedem Rascheln oder bei jeder Bewegung im Nachbarbett hatten bei mir die Alarmglocken geläutet. Ich schwor hier keine weitere zu verbringen! Zum Glück war am nächsten Morgen bei der Nachuntersuchung alles in Ordnung. Ich durfte am Mittag nach Hause.
Am Sonntag derselben Woche wollte ich nach Malta zum Sprachurlaub fliegen. Diese Reise war mehr als ein halbes Jahr im Voraus gebucht worden. Am Freitag hatte ich kein gutes Gefühl im Ohr, mittlerweile kannte ich mich damit aus. Deshalb bin ich sicherheitshalber nach Georgsmarienhütte zum HNO-Arzt zur Kontrolle gefahren. Dort wurde dann festgestellt, dass das Paukenröhrchen schief sitzt und somit das Trommelfell reizt. Nun begann eine höchst unangenehme und schmerzhafte Prozedur: der Versuch das kleine Röhrchen mithilfe von spitzen Gerätschaften in die richtige Lage zu zwingen. Ich war der Ohnmacht nahe, als der junge Doktor auf einmal „Ups“ sagte. Ich ahnte Schlimmes. Jetzt hatten wir den schon beim ersten Titanröhrchen vorher gesagten Supergau. Das Röhrchen war nach innen reingefallen! Ich hatte das metallische Scheppern deutlich gehört. So als würde eine leere Dose auf die Fliesen fallen.
„Nicht weiter schlimm. Ich schneide Ihnen jetzt einen größeren Schlitz ins Trommelfell, hole das Teil wieder raus und setze Ihnen ein neues Röhrchen wieder ein. Was halten Sie davon?“ War der Mann wahnsinnig? Bei dem Gedanken ging mein Kreislauf sofort K.O.! „Wie wäre es mit einer örtlichen Betäubung?“ versuchte ich schwach. „Geht leider nicht, Sie haben ein Loch im Trommelfell, da würde die Betäubung auch das Gleichgewichtsorgan betäuben. Das wollen sie bestimmt nicht, Kotzen und nicht mehr laufen können!“ Nein, das wollte ich tatsächlich nicht, aber auch keine weiteren Experimente in meinem geschundenen Innenohr. „Was wäre die Alternative?“ „Wir lassen das jetzt so, das Trommelfell kann heilen und in 14 Tagen schneiden wir alles wieder auf, dann mit einer örtlichen Betäubung.“ Ok, damit konnte ich leben. Ich hoffte inständig, dass das Klappern in meinem Kopf, bei jedem Sprung oder beim nach vorne beugen nicht so laut zu hören war. Wenigstens konnte ich in meinem Malta Urlaub normal schwimmen und schnorcheln. Das war das einzig Positive daran.
Oktober 2019
Letzter Teil und Ende
Der Malta-Urlaub wurde ohne besondere Vorkommnisse beendet.
Ich hatte beim Baden, Tauchen und Fliegen keine Probleme gehabt. Der erwartete Supergau in Malta am Flughafen war auch ausgeblieben. Anscheinend hat es die einheimischen Sicherheitskräfte nicht interessiert, dass ich mit Metall im Gehörgang fliegen wollte. Andererseits war mir so eine wahrscheinlich unangenehme Entfernung des Metallstücks am Flughafen erspart geblieben.
Meinen anschließenden Besuch zu Hause beim HNO-Arzt wickelte ich routiniert ab.
Wie versprochen, konnte mein Trommelfell nun betäubt, geöffnet, altes Röhrchen entfernt und mit einem neuem Paukenröhrchen verschlossen werden. Das es trotz Betäubung wieder sehr unangenehm war, möchte ich an dieser Stelle nur kurz erwähnen.
Der Arzt war auch besser vorbereitet und legte mich gleich in die Waagerechte.
Mein Trommelfell kannte sich inzwischen auch gut damit aus und hat dieses Mal nicht rumgezickt. Es stieß das vierte Titanröhrchen unspektakulär nach 6 Wochen einfach ab. Sogar in die richtige Richtung, nach außen.
Mein Gehör ist immer noch reduziert und das Rauschen und Pfeifen ist geblieben. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und schätze diesen Vorteil, dass ich ohne Ohrenstöpsel auch bei lauten Außengeräuschen ruhig schlafen kann. Das Rauschen übertönt alles!
Außerdem kann ich jetzt viel überzeugender im Alltag und Beruf behaupten:
Das Volk hatte die Honecker-Regierung hinweggefegt und Hans Modrow wurde als neuer Regierungschef vereidigt. Nachdem die Montagsdemonstranten Ihre Rufe von „Wir sind das Volk“ in „Wir sind ein Volk“ geändert hatten, konnte man ahnen, wohin die Reise gehen sollte. Für mich war klar, meine Karriere als Offizier bei der NVA war in naher Zukunft beendet. Ich brauchte etwas Neues! Doch welchen Beruf konnte man an der Abendschule in Rostock nach dem Dienst erlernen? Das Einzige, was es damals gab, war eine zweijährige berufsbegleitende Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister.
Wendezeiten
So kam es, dass ich mich mit einem Melker, einer Verkäuferin, einer Näherin und anderen Berufsgruppen aus dem breiten Spektrum der werktätigen Bevölkerung jeden Abend und am Wochenende an der Gesundheitsakademie ausbilden ließ. Mir gefiel diese neue Arbeit. Ich hatte sogar die Möglichkeit, im Medizinischen Punkt meiner Dienststelle mein Praktikum zu absolvieren.
Die ersten Prüfungen waren bestanden, als mich die rasante Entwicklung der Deutschlandpolitik einholte. Am 01. Oktober 1990 quittierte ich meinen Dienst bei der Nationalen Volksarmee und wurde ehrenhaft in die Reserve und in die Arbeitslosigkeit entlassen. Ab dem 03. Oktober war ich ein Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Und nun interessierte sich das Arbeitsamt für meine Person und wollte mich zum Sozialpädagogen oder Umwelt-Ingenieur umschulen lassen. Das hörte sich nicht schlecht an, aber bei der ersten Vorlesung habe ich meine gesamten Vorgesetzten wiedergetroffen und die alten Seilschaften. Das wollte ich dann doch nicht. Ich hatte noch meine laufende, selbstfinanzierte Ausbildung zum Masseur. Darauf konzentrierte ich mich nun.
Dann bot mir das Arbeitsamt eine Umschulung zum Reiseverkehrskaufmann an und drohte mir das Arbeitslosengeld zu streichen, wenn ich wieder ablehnen würde. Mir fehlte nur noch eine letzte praktische Prüfung in zwei Monaten zum Abschluss meiner neuen Laufbahn als Masseur und medizinischer Bademeister.
Die Deutsche Mark hatte die Lebenshaltungskosten explodieren lassen. Die Miete war auf Westniveau angehoben worden. Ich brauchte das Geld! In Rostock wuchsen in dieser Zeit die Reisebüros wie Pilze aus dem Boden. Die ehemaligen DDR-Bürger genossen die Reisefreiheit. Wer brauchte da einen Masseur? Also brach ich die Ausbildung ab und begann die Umschulung zum Reiseverkehrskaufmann.
Der Reiseverkehrskaufmann
Mein Praktikum machte ich bei verschiedenen Busunternehmen in Rostock und bekam so schnell Einblicke in die neue, weite westliche Welt. Und wer hätte das gedacht, Reisen war noch schöner als jeden Tag 20 Personen in einem engen Zimmer zu massieren. Die ganze Welt lag nun vor mir, anstatt fettleibige, verspannte Menschen!
Flugreisen haben mich schon immer interessiert. Deshalb bewarb ich mich nach meinem erfolgreichen Abschluss als Reiseverkehrskaufmann 1992 bei Tukan Reisen. Ich durfte als Büroleiter mit einer Azubine und einer Aushilfskraft das 57. Reisebüro in Rostock eröffnen. Mann war ich stolz!
Nach einem erfolgreichen dreiviertel Jahr in Groß Klein, einem Stadtteil von Rostock, wurde direkt vor unserer Nase eine riesige Baugrube für ein Einkaufscenter ausgebaggert. Von heute auf morgen waren wir von der Außenwelt abgeschnitten und das Büro musste schließen. Da die Lohnzahlung auch ausblieb, entschloss ich mich dieses Mal bei einer namhaften Firma aus den alten Bundesländern zu bewerben.
Rostock – Schwerin
Dem Geschäftsführer des großen Reisebüros am Alten Wall in Hamburg gefiel mein bisheriger Lebenslauf so gut, dass er mir sofort einen Büroleiter Posten in dem neuem First-Reisebüro in der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns anbot. Auch wenn ich täglich fast 4 Stunden auf der Bahn zwischen Rostock und Schwerin zubrachte, habe ich diese Entscheidung nie bereut.
Ich habe in dieser Zeit so viel über das Reisen, über die Reisebüro-Technik und den Verkauf gelernt. Davon profitiere ich noch heute. Und ich war erfolgreich.
Das hat meinen Chef sehr beeindruckt und deshalb hat er mich nach Rostock versetzt, um das dortige Reisebüro auf Vordermann zu bringen. Ich war wieder zurück in meiner Heimatstadt. Das fühlte sich alles richtig und gut an.
Bis ein Jahr später ein Franchisenehmer mit demselben Logo ca. 800 m vor unserem Laden ein weiteres First-Reisebüro aufmachte. Es gab in dieser Zeit dann schon mehr als 80 Reisebüros in Rostock. Das war definitiv zu viel für die 254.000 Einwohner der Stadt. Die Leute dachten, wir wären umgezogen und sind dort hängen geblieben.
Auf mein Drängen wurden die beiden Büros zusammengelegt und ich hatte nun einen neuen Chef. Dieser verstand sein Handwerk nicht und als ich wieder nach Schwerin sollte, habe ich gekündigt.
Diese Entscheidung fiel mir sehr schwer. Auch weil meine neue Arbeitsstelle nun in Berlin war und ich wieder pendeln musste. Ich kam nur am Wochenende nach Hause. Meine Familie hat mich dafür öfter besucht. Dabei ist bei meiner Tochter der Wunsch entstanden, in Berlin zu studieren. Heute lebt sie immer noch dort und hat es nicht bereut.
Mit dem Millennium hatte ich die Chance, nach Rostock zurückzukehren. Das Hapag Lloyd Reisebüro im Herzen der Stadt war nun meine neue Hoffnung für ein Leben und Arbeiten in meiner absoluten Lieblingsstadt, direkt am Meer. Ich nutzte sie. Nun war die Welt für meine Familie und mich wieder in Ordnung. Es ging uns so gut wie nie zuvor.
11.September 2001
Der Anschlag am 11. September 2001 krempelte mein Leben komplett um. Da Fliegen auf einmal gefährlich war, gingen die Flugreisen drastisch zurück. Der Terror und seine Auswirkungen, besser gesagt die Reaktionen darauf veränderten das Reisen bis heute.
Die TUI AG, wozu auch unser Hapag Lloyd Reisebüro gehörte, strich in der Folge 10.000 Stellen und schloss viele Geschäfte. Ich war wieder arbeitslos. Damit hatte ich niemals gerechnet, vor allem weil unser Büro gar nicht geschlossen wurde. Eine Welt brach für mich zusammen. Ein Kollege aus Lübeck mit einer längeren Betriebszugehörigkeit saß nun an meinem Schreibtisch.
Das Arbeitsamt wollte keine Umschulung auf einen anderen Beruf übernehmen, solange es noch offene Stellen für Reiseverkehrskaufleute gab. Ich hätte auch nicht gewusst, was ich hätte neu lernen sollen. Also schrieb ich in einem Monat knapp hundert Bewerbungen an Reiseveranstalter und Reisebüros in ganz Deutschland. Ich bekam von den meisten keine Antwort oder eine Absage. Es waren zu viele Bewerber auf die wenigen Stellen.
Schubert Reisen GmbH – Osnabrück
Nach den einzigen zwei Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch in Bremen und Osnabrück war für mich schnell klar, Schubert Reisen GmbH ist für mich die Zukunft. Und diese Entscheidung hat mein Leben allumfassend verändert und am nachhaltigsten beeinflusst.
Der kleine, feine Tickethändler für russischsprachige Reisebüros hat mich mit offenen Armen empfangen und mich bei allem unterstützt, was so eine Wochenend-Pendelei mit sich bringt. Die Arbeitskolleginnen stellten meine Ersatzfamilie unter der Woche dar. Dafür mag ich sie immer noch.
Dank Schubert Reisen habe ich meine jetzige Ehefrau kennen und lieben gelernt. Allein darüber könnte ich eine separate Geschichte schreiben.
Im Zug zwischen Rostock und Osnabrück habe ich viel gelesen und angefangen meine ersten Kurzgeschichten zu schreiben. Im Journal Holzhauser Leben wurde ein Beitrag im Herbst 2008 von mir zum ersten Mal veröffentlicht.
Schriftsteller oder Autor?
Schreiben ist inzwischen zu meinem Hobby geworden und mein erstes Buch mit Kurzgeschichten ist in Arbeit. Drei Kinderbücher sind bereits erschienen.
Über Umwege (Weeze und Herford) bei weiteren Arbeitgebern bin ich nun in Osnabrück und wieder bei der TUI angekommen. Gefühlt ging es mir noch nie so gut in meinem Leben. Ich liebe meine Familie. Und ich mag meinen Job als Reiseverkehrskaufmann.
Wer weiß, was das Leben noch mit mir vorhat?
Ob das Schicksal oder mein freier Wille mich irgendwann wieder nach Rostock führen werden?
Spaghetti mit Erdbeeren und Mango an Erdnuss-Sauce
Zutaten für 4 Personen:
500g Spaghetti
1 Mango
200 g Erdbeeren
Für dieSauce:
400 ml cremige Kokosmilch
3 EL Erdnusscreme
2 EL Rote Curry Paste
2 EL Teriyaki Sauce
1 EL Limettensaft
3 EL Brauner Zucker
3 Knoblauchzehen (gepresst)
80 g Erdnüsse
Zubereitung:
Die Kokosmilch in einen Topf geben und erhitzen, bis sie leicht köchelt.
In der Zwischenzeit die Erdnüsse kleinhacken.
Erdnusscreme, Rote Curry Sauce, Teriyaki Sauce, Limettensaft, Zucker und Knoblauch zugeben und das Ganze bei hoher Hitze köcheln lassen, bis die Sauce reduziert ist und die gewünschte Konsistenz erreicht wird. Die Hälfte der gehackten Erdnüsse unterrühren.
Die Spaghetti nach Packungsanleitung al dente kochen. In der Zwischenzeit die Mango entkernen, schälen und in Würfel schneiden. Erdbeeren abwaschen, Grün abschneiden und vierteln
Die Sauce mit den Spaghetti vermengen und portionsweise mit etwas Mango, Erdbeere und den restlichen Erdnussstücken garnieren. Sofort servieren.
Ich bin mit dem Rad auf dem Weg nach Hause. Die knapp sieben Kilometer zur Arbeit fahre ich querfeldein an grünen Feldern vorbei und durch ein größeres Waldstück. Ich liebe Fahrradfahren.
Ich mag es, wenn am frühen Morgen der bleierne Nebel aus den Feldern steigt, die Sonne als helle Scheibe gegen die Wolken ankämpft. Im Wald erwachen die Vögel, ab und zu springt ein Hase oder ein Reh hastig in das Dickicht zurück. Der Wind spielt mit den Ästen und Wipfeln. Die Luft ist angenehm frisch und würzig.
Es war ein heißer Sommertag im überhitzten Büro und ich genieße die feuchte Kühle im Wald auf dem Rückweg. Meine Gedanken schweifen ziellos umher, das Rad kennt den Kurs, meine Konzentration wird nicht gebraucht.
Auf einmal treten zwei komische Typen aus dem Wald kommend auf den Weg. Ich denke so, wie Wanderer sehen sie nicht aus mit ihren grellbunten Jacken und breiten Schlaghosen. Auf dem Schlagermove wären sie nicht aufgefallen, aber hier passen sie nicht hin. Vorsichtshalber bremse ich ab, denn es sieht nicht so aus, als ob sie den Pfad freigeben wollen. Sie haben sich sicherlich verirrt und fragen gleich freundlich nach dem Weg.
„Entschuldigen Sie die Störung“, spricht mich der eine lächelnd an.
„Mein Name ist Borg, wir möchten dich einladen, unseren Planeten Yankee Zulu 397 zu besuchen.“
“Oh Gott, auch noch bekifft!“, murmele ich vor mich hin.
„Unser Luxusreisegefährt steht nur wenige Meter von hier im Wald startbereit“, meldete sich der Zweite zu Wort. Sie haben einen Akzent, welcher mich an die Google-Translator-Sprachausgabe erinnert.
„Warum ausgerechnet ich?“, frage ich verunsichert nach und fühle mich bei der Sendung „Verstehen Sie Spaß“ ins Visier genommen.
„Unser Ansinnen kommt unverhofft, dessen sind wir uns bewusst“, entschuldigt sich Borg. „Wir haben dich ausgewählt, weil du keine Tiere isst, deine Welt nicht mit giftigen Abgasen belastest, ein hilfsbereiter, kommunikativer und intelligenter Eingeborener bist. Wir beobachten dich schon eine längere Zeit.“
Eine versteckte Kamera kann ich immer noch nicht entdecken. Mir fällt die Kinnlade runter.
„Wir brauchen solche Menschen wie dich auf unseren Planeten“, ergänzt der andere. „Die Erde wird sich schon in wenigen Jahren selbst zerstört haben. Unser Planet ist erdähnlich und wir wollen euere Spezies gern erhalten.“
Ich fasse mich und versuche das Gesagte zu verarbeiten.
„Vielen Dank für diese Ehre, ich bin aufrichtig gerührt. Ich weiß nicht, ob ich für diesen Schritt bereit bin, schließlich wird sich mein Leben komplett verändern.“
Die beiden nicken zustimmend und eine gasförmige leuchtende Aura umhüllt nun ihre Körper.
„Darf ich meine große Liebe, meine Frau mitnehmen?“, möchte ich nun wissen.
„Das ist absolut unmöglich“ erwidert Borg, „nur Auserwählte dürfen mitkommen. Auf unserer Welt findest du mit Sicherheit eine neue Gefährtin.“
Ich denke kurz nach: Ich wäre ein Gesandter der Erde, könnte beweisen, dass es auch Menschen gibt, die nicht ohne Sinn und Verstand die Welt, den Planeten und das ganze Universum zugrunde richten. Dafür werde ich hier alle und alles zurücklassen müssen. Bei dem Gedanken wurde mir schwindelig.
„Gibt es auf euren Planeten auch Gin?“, rutschte mir, der auf einmal gekommene Geistesblitz aus dem Mund.
„Nein, Alkohol ist Gift für lebende Zellen. Wir achten streng darauf, dass keine Gifte oder Krankheiten eingeschleppt werden.“ Borg schaut inzwischen hektisch auf sein Armbandcomputer.
„Gin ist nicht einfach nur Alkohol!“, versuche ich zu erklären. „Es ist ein Lebensgefühl, eine Passion!“
„Nein, keine Chance, ist verboten!“, gibt der zweite Außerirdische kurz und knackig zu Protokoll.
„Gib deinem Leben einen Gin!“, bete ich vor mich hin, während ich den letzten Kilometer durch den Wald radele.
Juli 2021
Titelbild: Gib deinem Leben einen Gin – Foto (privat)
Der erste Kontakt erfolgte vor ein paar Tagen. Scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht, Pollux war völlig unvorbereitet gewesen. Viele Nachrichten gingen seitdem hin und her. Pollux und Luna hatten sich inzwischen soweit angenähert, dass dem ersten Treffen mit Spannung entgegengefiebert wurde. Die Voraussetzungen waren günstig, die Zeit wurde abgestimmt und bestätigt. Noch waren viele Fragen offen. Waren beide Seiten dazu wirklich bereit und technisch in der Lage? Welche äußeren Störungen konnten auftreten und damit kurzfristig diesen komplizierten Vorgang behindern?
Der Tag rückte näher, Hektik kam auf. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Der Landeplatz war mit Bedacht gewählt. Alle Varianten wurden theoretisch durchgespielt. Ein peinliches Scheitern sollte ausgeschlossen werden.
Heute ist der Tag X.
Das notwendige und zeitaufwendige Vorspiel wurde erfolgreich beendet. Die Bodenstation ist nun empfangsbereit. Die Ankunft wird mit großer Spannung erwartet. Jetzt, nun ist es endlich soweit. Der Körper schwebt wie magisch lautlos über dem Auge des Betrachters heran. So dicht, dass man jedes Detail haarscharf erkennen kann.
Zwei große Ausbuchtungen mit kurzen Antennen an der Spitze, parallel und perfekt synchron, fesseln vorübergehend die Aufmerksamkeit, als der Organismus auf der Hälfte des Überfluges flüchtig stockt und regungslos verharrt, um gleich darauf langsam weiter zu gleiten.
Der außergewöhnliche Anblick, ein vollendet gebauter schlanker Rumpf, die Krönung der Schöpfung mit makellos heller Außenhaut, fasziniert den Beobachter. Die Schleuse hat sich geöffnet, glitzert feucht im diffus einfallenden Sonnenlicht.
Das Objekt nähert sich unaufhaltsam. Es scheint, dass ist nicht die erste Begegnung Lunas mit dieser Spezies. Denn keinen Millimeter zu weit senkt sich nun der glatte Körper, perfekt beherrscht, Zentimeter für Zentimeter in Zeitlupe herab.
Der Landestutzen ist komplett ausgefahren, bereit zum Andocken.
Endlich, es berühren sich die beiden Pole. Ein leichtes Zittern geht durch den Torso, um dann mit einem Seufzer vollständig aufzusetzen.
Die Verbindung ist nun hergestellt, es passt alles perfekt ineinander. Die Triebwerke laufen stöhnend aus, große Erleichterung auf beiden Seiten.
Man kann es kaum glauben, der Sommer ist wieder da. Was gibt es schöneres als Grillen, Bier und Sonnenuntergang mit einem tellergroßen Steak, auf der einen Seite halb verbrannt und auf der anderen halb blutig in der Hand?
Natur-gemäß ist diese Aufgabe was für richtige Männer! Denn wer hat das Feuer erfunden?
Richtig, natürlich die Männer!
Also den neu gekauften Profigrill zusammengebaut, die übrig gebliebenen Schrauben und Stangen entsorgt, (wieso das Ding jetzt wackelt, keine Ahnung?). Den 15 kg Holzkohlesack aufgerissen, dabei die Hälfte über den Boden verstreut und mit Spiritus erst die Haare und dann die Kohle angezündet.
Wow, wie die Flammen brennen und rußen tun!
Dann gibt es ein leichtes Knacken und zisch … habe ich mir mein linkes Ohrläppchen von hinten durch den Funkenflug verbrannt. Autsch! … Das tut echt weh … mit dem kühlen Bier gelöscht und gekühlt, immer noch wundernd, wie so was gehen kann, haue ich die klodeckelgroßen Steaks auf den Grill! Das Fett lässt die Flamme erneut einen halben Meter über den Rost aufsteigen.
Mit der riesigen Zange und dem krassen Messer versuche ich die Teile zu wenden. Welcher Idiot hat sich das ausgedacht, Ritzen zwischen den Stangen, da rutscht doch das Fleisch rein! … Schwitz!
Endlich gewendet, das obere Teil ist nun nicht nur von der Holzkohle schwarz!
Macht nix, ich mag es sowieso etwas herzhafter!
Mein linkes Ohrläppchen schmerzt nun wieder, der Schweiß läuft, die Augen tränen von dem Schei.. Qualm!
Ich liebe grillen!
Nun fängt das Kind an zu nerven, es hat Hunger! Ja, verflucht noch mal, ich auch!
Wo sind denn jetzt bloß die echten Thüringer Rostbratwürste hin? Uuupps… unter den Tisch gerollt. Schnell auch auf den Grill, ist sowieso gleich alles gleichmäßig schwarz, egal von was.
Nun kommen der Rest der Familie und die gerade eingetroffenen Bekannten dazu!
Haben gerochen, dass es was zu essen gibt! Klar, nun kommen auch noch die gut gemeinten Vorschläge, haben ja ebenfalls alle Ahnung vom Grillen und sparen nicht mit Tipps und Tricks. Als ob ich nicht selbst schon mal ne Flamme mit einer Pulle Bier gelöscht hätte… der weiße Schaumstrahl schießt zischend über das Ziel hinaus und vertreibt die ersten „Langfinger“, welche nicht abwarten können oder wollen! Ha,… ich verteidige das Grillgut bis zum letzten abgebrannten Kohlestück! Was heißt hier, das Fleisch wird zu trocken? … Wozu gibt es denn Ketchup?
10 Minuten später, denn ich habe die Macht, rufe ich:
„Das Fleisch ist jetzt fertig!“
Ausgehungert schlingen alle das verbrannte Grillfleisch runter, ohne sich auch nur mit einem einzigen Wort zu beschweren!
Seufz…eine Ruhe! Wie schön entspannend kann grillen sein!
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2 Zehen Knoblauch
10 Zwiebeln
75 ml Essig
50 l Mineralwasser mit Kohlensäure
3 EL Olivenöl
1 TL Salz
1 TL Pfeffer
Zubereitung:
Das Schweinefleisch in ca. 3 x 3cm große Stücke schneiden. Bitte nicht zu dünn, sonst wird das Fleisch trocken, aber auch bitte nicht zu dick, sonst ist es außen kross und innen roh.
Den Gefrierbeutel öffnen und das geschnittene Fleisch hineinlegen (Alternativ eine Schüssel mit Deckel, gut schütteln)
Die Zwiebeln in große Stücke schneiden, Knoblauch pressen und in den Gefrierbeutel füllen
Salz und Pfeffer hinzugeben
Mineralwasser, Essig und das Olivenöl in den Gefrierbeutel geben
Den Gefrierbeutel dicht verschließen und das Fleisch im Beutel kneten damit sich alles gut verteilt und jedes Stück Fleisch eingelegt ist.
Ab in den Kühlschrank damit das Schaschlik Fleisch am Folgetag schon mariniert ist.
Am Folgetag den Beutel öffnen und ca. 5-6 Fleischstücke auf die einzelnen Spieße ziehen.
Ab auf den Grill mit den Spießen
Auf Tellern mit Brot anrichten und genießen.Dazu passt stilgerecht russisches Bier und Wodka.
Zutaten für die Pralinen
500 g Lammfleisch
200 g Speck, fett, geräuchert
2 Semmeln, alt
2 Knoblauchzehen
2 Zwiebeln
1 Bund Petersilie, glatt
1 Ei
1 Eigelb
1 Prise Paprikapulver
1 Prise Kräuter der Provence
1 Prise Majoran
0,5 l Öl (Sonnenblumen- oder Rapsöl) zum Frittieren
Zutaten für die Sauce
1 Bund Petersilie, glatt
200 ml Sahne (30%)
30 g Pilze, getrocknet
10 g Zwiebelpulver (Granulat)
10 g Petersilie, getrocknet
1 Packung Saucenpulver (Bratensauce), instant
250 ml süße Sahne (10%)
Zubereitung:
Zuerst die getrockneten Pilze in Wasser einweichen. In der Zwischenzeit alle Pralinenzutaten zwei Mal durch einen Fleischwolf drehen und zu einem sehr geschmeidigen Fleischteig kneten. Das Öl in einen Topf geben und erhitzen. Mit einem Teelöffel etwas Fleischteig abstechen und zu kleinen Kugeln ausformen. Alle Fleischkugeln exakt 3 Minuten lang im Öl frittieren. Die so entstandenen “Fleischpralinen” mit dem Schaumlöffel auf einen Rost oder Küchenkrepp zum Abtropfen geben und abkühlen lassen.
Die Pilze nun abgießen und das Wasser dabei auffangen. Die Sahne (30%) und das Pilzwasser zusammen aufkochen und das Saucenpulver hinein rühren. Das Zwiebelgranulat und die fein gehackte Petersilie zufügen. Aufkochen, bis die Sauce andickt. Die Hitze nun drosseln und die ausgedrückten und fein gehackten Pilze zugeben. Nach 5 Minuten köcheln nun die Sahne (10%) zugeben. Die Fleischpralinen ebenso hinzufügen. Noch einmal 2 Minuten leicht köcheln lassen.
Auf Tellern anrichten und mit der glatten, gehackten Petersilie bestreuen.