Der 11.September 2001
Der Anschlag auf das World Trade Center in NY jährt sich dieses Jahr zum 10. Mal. (2011)
Für mich ein Grund, zurückzublicken: Wie habe ich diesen Tag erlebt? Und wie bisher verarbeitet?
Der 11. September 2001 war der letzte Tag der Scandlines-Baltic-Akademie für Reisebüromitarbeiter in Helsinki.
Wir waren am Vortag auf der Aland-Insel unterwegs und hatten in einer Ferienhaus-Siedlung, ohne Fernseher oder Radio, übernachtet. Alle freuten sich auf den letzten Tag unserer Akademie. Für den Abschlussabend war ein großer Ball mit der Vergabe der Preise für die besten Schulungsgruppen geplant. Die Stimmung war nach der Überfahrt von Mariehamn nach Helsinki bei angenehmem Wetter großartig. Von der Fähre aus ging es sofort mit dem Bus zur Stadtrundfahrt durch die Hauptstadt Finnlands – danach direkt ins Hotel. Dort sollte unser letzter Abend und gleichzeitig der Höhepunkt der Reise stattfinden.
Als wir im Hotel ankamen, lief an der Rezeption ein Fernseher. Alle starrten gebannt auf den Bildschirm. Ich sah ein brennendes Hochhaus. “Toll“, dachte ich, „Zeigen die hier die Katastrophenfilme schon am Nachmittag“. Das musste aber spannend sein, denn die Mitarbeiter an der Rezeption waren auch nicht ansprechbar. Bis jemand sagte, es sei kein Film, das wäre Live CNN. Jetzt schauten alle genauer hin und konnten es nicht fassen, was da passiert war.
Ich dachte, nun hat der 3. Weltkrieg begonnen und versuchte mit dem Handy in Deutschland anzurufen. Aber das Handynetz in Finnland war zusammengebrochen. Manche wollten auf dem schnellsten Weg nach Hause, andere auf keinen Fall sofort – schon gar nicht mit dem Flugzeug. Es herrschte plötzlich Panik! Die Leitung der Scandlines Akademie mit Herrn Detlev Düwel reagierte sehr besonnen und versuchte allen Wünschen gerecht zu werden. So wurden zum Beispiel Plätze auf der Fähre nach Deutschland geordert, für alle, die nicht mehr fliegen mochten. Ich wollte auf der Stelle nach Hause zu meiner Familie und hoffte, dass die Flüge nun nicht doch aus Sicherheitsgründen abgesagt wurden.
Der „Abschluss-Abend“ fand zwar statt, aber nur als Essen. Die Party wurde abgesagt. Niemand hatte Feierlaune. Der Fernseher auf dem Zimmer war unsere einzige Informationsquelle. Die Macht der Bilder war gewaltig! Selbst heute, nach 10 Jahren, bin ich beim Schreiben dieser Zeilen immer noch sehr emotional gerührt.
Meine Befürchtungen und Ängste, dass dieser Tag die Welt und meinen Leben beeinflussen wird, hat sich bewahrheitet. Auch wenn man versucht hat, den Alltag wie früher zu meistern. Die Welt ist eine andere, hat sich seitdem verändert. Die Leichtigkeit ist weg, kein Vertrauen mehr in die Zukunft oder in die Politik.
Seit dem 11. September 2001 sind wahrscheinlich mehr Menschen im Rachefeldzug der USA gestorben als damals in New York. Und ein Ende ist nicht in Sicht.
Getarnt als Kampf gegen den Terrorismus, befindet sich die halbe Welt im Krieg um Öl und die besten Absatzmärkte. Und genau wie damals sterben Unschuldige für einen Irrglauben. Mit militärischer Gewalt kann man die Welt nicht zum Guten verändern und vom Freiheitsgedanken überzeugen, wohl aber zerstören. Der Hass wird dadurch zwischen den Ländern, Religionen und Menschen nur weiter verschärft.
Ich habe meinen Arbeitsplatz in Folge des 11. Septembers verloren und später meine erste große Liebe. Inzwischen habe ich einen neuen Job und bin erneut verheiratet.
Mit meiner jetzigen Frau und deren Kinder habe ich ein intensiveres, engeres Familienleben. Wir genießen die gemeinsamen Stunden und freuen uns auch über Kleinigkeiten. Wir leben bewusster. Und das ist gut so!
September 2011
Foto Titelbild: dpa