Pollux und Luna

Ein Match mit Happy End

Der erste Kontakt erfolgte vor ein paar Tagen. Scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht, Pollux war völlig unvorbereitet gewesen. Viele Nachrichten gingen seitdem hin und her. Pollux und Luna hatten sich inzwischen soweit angenähert, dass dem ersten Treffen mit Spannung entgegengefiebert wurde. Die Voraussetzungen waren günstig, die Zeit wurde abgestimmt und bestätigt. Noch waren viele Fragen offen. Waren beide Seiten dazu wirklich bereit und technisch in der Lage? Welche äußeren Störungen konnten auftreten und damit kurzfristig diesen komplizierten Vorgang behindern?

Der Tag rückte näher, Hektik kam auf. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Der Landeplatz war mit Bedacht gewählt. Alle Varianten wurden theoretisch durchgespielt. Ein peinliches Scheitern sollte ausgeschlossen werden.

Heute ist der Tag X.

Das notwendige und zeitaufwendige Vorspiel wurde erfolgreich beendet. Die Bodenstation ist nun empfangsbereit. Die Ankunft wird mit großer Spannung erwartet. Jetzt, nun ist es endlich soweit. Der Körper schwebt wie magisch lautlos über dem Auge des Betrachters heran. So dicht, dass man jedes Detail haarscharf erkennen kann.

Zwei große Ausbuchtungen mit kurzen Antennen an der Spitze, parallel und perfekt synchron, fesseln vorübergehend die Aufmerksamkeit, als der Organismus auf der Hälfte des Überfluges flüchtig stockt und regungslos verharrt, um gleich darauf langsam weiter zu gleiten.

Der außergewöhnliche Anblick, ein vollendet gebauter schlanker Rumpf, die Krönung der Schöpfung mit makellos heller Außenhaut, fasziniert den Beobachter. Die Schleuse hat sich geöffnet, glitzert feucht im diffus einfallenden Sonnenlicht.

Das Objekt nähert sich unaufhaltsam. Es scheint, dass ist nicht die erste Begegnung Lunas mit dieser Spezies. Denn keinen Millimeter zu weit senkt sich nun der glatte Körper, perfekt beherrscht, Zentimeter für Zentimeter in Zeitlupe herab.

Der Landestutzen ist komplett ausgefahren, bereit zum Andocken.

Endlich, es berühren sich die beiden Pole. Ein leichtes Zittern geht durch den Torso, um dann mit einem Seufzer vollständig aufzusetzen.

Die Verbindung ist nun hergestellt, es passt alles perfekt ineinander. Die Triebwerke laufen stöhnend aus, große Erleichterung auf beiden Seiten.

Happy End!

geschrieben November 2020

Titelbild: „Luna“ – Tuschezeichnung von © 2021 Saskia Menzel

© 2021 Ingo M. Ebert
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